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Über Sexualität sprechen - Wie kann es gelingen?

 
Sex auf Reisen kann geplant oder spontan stattfinden, manchmal anders als zu Hause. Das kann eine Herausforderung für die Erhaltung der sexuellen Gesundheit sein. Der Umgang mit dem Thema Sex ist sehr persönlich und von individuellen Überzeugungen, Werten und kulturellen Hintergründen geprägt. Um in der Reiseberatung auch das Thema der sexuellen Gesundheit individuell aufzunehmen, wurde am Department Public & Global Health das Projekt TravelPrEPared gestartet.
 

 

Über Sexualität sprechen - Wie kann es gelingen?

 
Sex auf Reisen kann geplant oder spontan stattfinden, manchmal anders als zu Hause. Das kann eine Herausforderung für die Erhaltung der sexuellen Gesundheit sein. Der Umgang mit dem Thema Sex ist sehr persönlich und von individuellen Überzeugungen, Werten und kulturellen Hintergründen geprägt. Um in der Reiseberatung auch das Thema der sexuellen Gesundheit individuell aufzunehmen, wurde am Department Public & Global Health das Projekt TravelPrEPared gestartet.
 

 

Das Thema Sex geht einher mit der sexuellen Gesundheit, die sich auf das körperliche, emotionale, geistige und soziale Wohlbefinden bezieht. Dabei spielt nicht nur die Abwesenheit von sexuell übertragbaren Infektionen (STIs) oder einer ungewollten Schwangerschaft eine Rolle. Auch die Fähigkeit, sexuelle Beziehungen auf sichere, einvernehmliche und befriedigende Weise erleben zu können, ist wichtig. Dies sollte zudem, ungeachtet der sexuellen Identität, Orientierung und Vorlieben, frei und ohne Diskriminierung oder Stigmatisierung geschehen.

 

Das Projekt: Travel PrEPared

Im Rahmen des Projekts Travel PrEPared als Unterprojekt des SwissPrEPared Programms interessieren wir uns im Speziellen für die sexuelle Gesundheit auf Reisen. Insbesondere dafür, wie Fachpersonen und Reisende unterstützt werden können, über dieses wichtige und bisher wenig behandelte Thema, auf individueller Basis, respektvoll und einfühlsam sprechen zu können. Durch Interviews mit Fachpersonen und Reisenden möchten wir herausfinden, wie wir dieses Thema niederschwellig in die Reiseberatung integrieren können. Ziel ist es, Menschen zu befähigen, ihr eigenes sexuelles Wohlbefinden zu erreichen und zu erhalten und dieses frei von Diskriminierung, Zwang oder Gewalt erleben zu können.

 

Erste Erkenntnisse des Projekts zeigen, dass es in der Reisemedizin sowohl für Fachpersonen als auch für Reisende eine Herausforderung ist, über sexuelle Gesundheit zu sprechen. Es scheint für beide Seiten aus unterschiedlichen Gründen nicht immer einfach zu sein, sich auf das Thema einzulassen.

 

Reisende empfinden Sex auf Reisen grundsätzlich als ein Thema, über das sie normal reden können. Gleichzeitig werden jedoch Schwierigkeiten geäussert, offen über ihr persönliches Verhalten zu sprechen. Ein Grund: die Angst vor Verurteilung. Auch Fachpersonen halten das Thema für wichtig, aber auch sie berichten von Unsicherheiten darüber, das Thema Sexualität auf Reisen anzusprechen. Ihrerseits aus Angst vor unangenehmen Reaktionen, aber auch weil sie den Kund*innen nichts unterstellen zu wollen.

 

Diese Stigmata sind für eine offene Kommunikation hinderlich und sie ziehen sich durch drei Beobachtungen, auf die wir im Folgenden gerne näher eingehen möchten.

 

Kaum Platz für sexuelle Gesundheitsberatung

Die Beratung zur sexuellen Gesundheit fand in der Reiseberatungen bis anhin kaum Platz. Sowohl Reisende als auch Fachpersonen finden, dass die Beratung zur sexuellen Gesundheit generell zu kurz kommt. Nur wenige Reisende wurden jemals zur sexuellen Gesundheit angesprochen. Das bezieht sich nicht nur auf reisemedizinische Fachpersonen, sondern auch auf andere Gesundheitsfachpersonen wie beispielsweise ihre Hausärzt*innen. Reisende reagieren deshalb eher überrascht, fühlen sich teilweise überrumpelt und sind dann fast blockiert über das Thema zu sprechen.

 

Fachpersonen erleben hingegen, dass sie das Thema, neben den vielen anderen reiserelevanten Themen, nur am Rande anschneiden können. Zudem scheint es von den Reisenden auch nicht erwartet zu werden, da diese vornehmlich für Impfungen vorbeikommen. Ausserdem fehlt einigen Fachpersonen ein strukturierter Ablauf, der sie unterstützt, das Thema anzusprechen.

 

Aller Anfang fällt schwer

Es zeigt sich als eine Herausforderung, den Einstieg in das Thema sexuelle Gesundheit zu finden. Bei einigen Reisenden hat sich gezeigt, dass sie durchaus Fragen zur sexuellen Gesundheit haben. Andere möchten lieber nicht über Risiken sprechen und wieder andere fühlen sich sicher, mit dem was sie schon lange praktizieren. Allen gemein ist, dass sie sich bis anhin selbst nicht vertieft mit ihrer sexuellen Gesundheit und aktuellem Wissen und Empfehlungen auseinandergesetzt haben. Erst die Interaktion in den Interviews hat sie dazu veranlasst, vertieft über das Thema nachzudenken.

 

Bei den Fachpersonen steht im Vordergrund, wie sie es schaffen, das Thema sexuelle Gesundheit attraktiv herüberzubringen. Dabei gibt es unterschiedliche Strategien. Einerseits über eine Risikokommunikation, zum Beispiel das Hervorheben der Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung. Andererseits über das positive Betonen, dass Sex etwas Schönes und Normales ist. Die Schwierigkeit liegt darin, eine Interaktion, also ein Gespräch auszulösen und nicht bloss reine Informationsvermittlung zu betreiben. Zudem müssen Fachpersonen anhand weniger Informationen das Risiko für die oder den gegenübersitzende*n Reisende*n sehr rasch einschätzen können, um gezielt nur die Informationen vermitteln zu können, welche auch gefragt sind.

 

Individualisierung ist anspruchsvoll

Drittens verlangt eine individualisierte Sexualgesundheitsberatung ein hohes Mass an Flexibilität und Geschicklichkeit, um den vielfältigen Bedürfnissen der Reisenden gerecht zu werden. Reisende äussern dabei häufig den Anspruch, dass die Fachpersonen ihre Bedürfnisse intuitiv erkennen, ohne dass sich die oder der Reisende dabei zu sehr offenbaren muss.

 

Fachpersonen hingegen haben den Anspruch Expert*innen zu sein und zeigen Schwierigkeiten dabei, über etwas zu beraten, wo sie nicht 100% sattelfest sind. So beschränken sich die meisten Fachpersonen in der Reiseberatung auf Impfungen und Kondome. Das führt dazu, dass andere Strategien zur Risikominimierung, insbesondere die HIV-Präexpositionsprophylaxe, kurz HIV-PrEP, nur unzureichend integriert werden.

 

Diese Ergebnisse machen bereits deutlich, dass sexuelle Gesundheit ein wichtiges Thema für die Reisemedizin ist über welches es sowohl für Reisende wie auch für Fachpersonen schwierig ist zu sprechen. In einem nächsten Schritt werden wir nun ein Beratungskonzept entwickeln, welche solche Gespräche ermöglicht. Reisende und Fachpersonen werden in die Entwicklung dieser Dienstleistung einbezogen. Diese Dienstleistungen werden auch neuere Ansätze der Prävention wie beispielsweise die HIV-PrEP integrieren.

 

Es bleibt spannend und wir freuen uns schon jetzt darauf, euch die finalen Ergebnisse vorstellen zu können!

 

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie die Projektleitung:

Dr. sc. med. Dunja Nicca

dunja.nicca@uzh.ch

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