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Die Zürcher Coronavirus Impfstudie (ZVAC)

Im Gespräch mit Dr. med. Dominik Menges

 

Dr. med. Dominik Menges ist Epidemiologe und Facharzt für Prävention und Public Health und arbeitet als promovierter Wissenschaftler am Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention an der Universität Zürich, wo er unter anderem die Zürcher Coronavirus Kohortenstudie und die Zürcher Coronavirus Impfstudie mit koordiniert.

Die Zürcher Coronavirus Impfstudie (ZVAC)

Im Gespräch mit Dr. med. Dominik Menges

 

Dr. med. Dominik Menges ist Epidemiologe und Facharzt für Prävention und Public Health und arbeitet als promovierter Wissenschaftler am Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention an der Universität Zürich, wo er unter anderem die Zürcher Coronavirus Kohortenstudie und die Zürcher Coronavirus Impfstudie mit koordiniert.

Lieber Dominik, herzlichen Dank, dass Du Dir Zeit für dieses Interview nimmst.

Magst Du kurz erzählen, was Dein Hintergrund ist und wo Dein aktueller Forschungsschwerpunkt liegt?

Gerne. Ich bin Epidemiologe und Facharzt für Prävention und Public Health. Ich bin also spezialisiert auf Themen der öffentlichen Gesundheit, welche natürlich gerade während der Pandemie besonders wichtig wurden. In meiner Forschung hier am Institut befasse ich mich mit verschiedenen Themen. Dazu gehören einerseits die Behandlung und Früherkennung von Krebserkrankungen. Andererseits sind aber eben auch die Folgen der Coronavirus-Pandemie – zum Beispiel Long Covid – und die Coronavirus-Impfungen ein wichtiges Thema für mich.

 

Aktuell bist Du in der Zürcher Coronavirus Impfstudie (ZVAC) involviert, welche die Immunantwort von geimpften Personen untersucht. Könntest Du uns einen kleinen Überblick geben und erklären, was die Ziele dieser Studie sind?

Die Zürcher Coronavirus Impfstudie ist eine Beobachtungsstudie von Personen, die sich am Referenz-Impfzentrum gegen das Coronavirus haben impfen lassen. Es machen insgesamt 575 Personen mit, die entweder den Impfstoff von Moderna, Pfizer/BioNTech oder Janssen/Johnson & Johnson erhalten haben. Mit der Studie hatten wir drei Hauptziele: Erstens wollten wir untersuchen, wie häufig und schwerwiegend die Nebenwirkungen der Impfungen sind. Zweitens wollten wir herausfinden, wie sich die Immunantwort nach der Impfung und im längerfristigen Verlauf entwickelt. Und zuletzt wollten wir untersuchen, wie gut der Schutz der Impfungen gegen Coronavirus-Infektionen ist.

 

Was waren dabei die wichtigsten Erkenntnisse, die ihr gefunden habt? Was hat Dich persönlich am meisten erstaunt?

Ich denke es war sehr wichtig zu untersuchen, wie häufig die Nebenwirkungen nach der Coronavirus-Impfung tatsächlich vorkommen und wie schwergradig diese sind. Dazu haben wir Symptomtagebücher verwendet. Wir konnten zeigen, dass es häufig zu milden Symptomen wie Schmerzen an der Einstichstelle oder grippeartigen Symptomen kommt. Schwere Nebenwirkungen wie allergische Reaktionen oder solche, die eine Hospitalisation zur Folge hatten, waren hingegen selten. Das sind wichtige Daten, weil sie sonst selten in dieser Form vorliegen – öffentlich gemeldet werden nur die wenigsten Nebenwirkungen, sodass deren Häufigkeit unterschätzt werden kann. Zudem waren auch unsere Untersuchungen zur Immunantwort sehr wichtig. Erstaunt hat mich aber das grosse Engagement der Studienteilnehmenden, die bereit waren, uns in unserer Forschung zu unterstützen.

 

Seit Januar 2021 fungiert das Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention (EBPI) der Universität Zürich (UZH) als Referenzimpfstelle für den Kanton Zürich und ist «das Zuhause» der ZVAC-Studie. Seit Januar 2021 wurden verschiedene Impfstoffe zugelassen, wobei sich die Impfempfehlungen laufend verändert haben. Wie habt ihr die Arbeit an der Studie während einer solch dynamischen Zeit erlebt?

Es war eine intensive aber auch sehr spannende Zeit. Es gab viele Unsicherheiten und die Empfehlungen wurden immer wieder an den aktuellsten Wissensstand angepasst. Die Zürcher Coronavirus Impfstudie bot eine ideale Grundlage, die wissenschaftlichen und gesundheitspolitischen Fragen anzugehen. Dadurch konnten wir den Gesundheitsbehörden – also der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit –genau die Informationen liefern, die sie für ihre Entscheidungen brauchten. So flossen die Erkenntnisse der Studie direkt und rasch in die Empfehlungen mit ein. Für uns war es natürlich sehr interessant, direkt darin involviert zu sein und einen Beitrag zu leisten – und gleichzeitig auch mit unseren Studienteilnehmenden im Kontakt zu sein und deren Fragen zu beantworten.

 

Bisherige Ergebnisse der Studie sind bereits publiziert. Es zeigt sich, dass beinahe alle Studienteilnehmenden (99.1%) innerhalb von drei Monaten eine Immunantwort gegen das Virus entwickelt haben. War eine solch hohe Zahl zu erwarten?

Wir haben in der Studie früh gesehen, dass die Immunantwort auf die Impfstoffe sehr stark ist. Bei unserer anderen Studie mit Personen, die sich mit dem Coronavirus infiziert hatten, waren nach 3 Monaten nur bei ca. 85% der Teilnehmenden Antikörper nachweisbar. Es hat uns also gezeigt, dass die Immunantwort nach der Impfung viel stärker war als nach der Infektion. Das war natürlich die Hoffnung, und es war gut zu sehen, dass sich diese bestätigte. Somit konnte durch die Impfung bei den allermeisten Personen ein guter Schutz vor einer schweren Erkrankung erreicht werden.

 

Es zeigte sich, dass die beiden mRNA-Impfungen von Pfizer/BioNTech und Moderna im Mittel eine etwas stärkere Immunantwort auslösten als die Vektor-Impfung von Janssen/Johnson&Johnson. Gab es Unterschiede in der Immunantwort in den verschiedenen Altersgruppen?

Es war früh bekannt, dass die mRNA-Impfungen eine stärkere Wirkung haben als die Vektor-Impfungen. Wir konnten das in unserer Studie auch beobachten. Wir fanden auch einen gewissen Unterschied zwischen Altersgruppen. Jüngere Personen hatten häufig eine ausgeprägtere Antikörper-Antwort. Dies war aber auch zu erwarten und der Schutz gegen schwere Erkrankungen war über alle Altersgruppen hinweg gut.

 

Kann man bereits Vergleiche ziehen zwischen der Immunreaktion von Personen mit einer COVID-19-Infektion und Personen, die eine COVID-19-Impfung erhalten haben?

Wir sind momentan daran, diese Untersuchungen durchzuführen. Wir wissen, dass die Immunantwort stärker war, je schwerer jemand an COVID-19 erkrankt ist. Die mRNA-Impfstoffe lösten noch stärkere Immunantworten aus. Zu einem Teil hängt das damit zusammen, dass die Personen zwei Dosen der mRNA-Impfstoffe erhalten haben. Währenddessen war die Immunantwort nach der einmaligen Vektor-Impfung von Janssen/Johnson&Johnson etwa in dem Rahmen, wie wir ihn bei Coronavirus-Infektionen beobachteten.

 

Was denkst Du, welchen Beitrag leistet diese Studie zu unserem Verständnis der impfstoffinduzierten Immunität?

Mit der Pandemie gab es ein sehr hohes öffentliches Interesse an der Immunität und der Wirkung – aber auch den Nebenwirkungen – der Impfstoffe. Insgesamt hat dies viele Erkenntnisse gebracht, die sehr wertvoll sind für unser Verständnis der Impfungen und des Immunsystems. Viele wichtige Einblicke konnten wir bereits gewinnen und auch veröffentlichen oder and die Gesundheitsbehörden weitergeben. Wir hoffen aber natürlich, dass wir mit unserer Studie auch noch in den nächsten Jahren noch einen Beitrag leisten können.

 

Was denkst Du sind mögliche Auswirkungen der Studienergebnisse auf Strategien oder Vorgehensweisen im Bereich Public & Global Health?

Ich denke wir konnten sicherlich zeigen, wie wichtig bevölkerungsbasierte Studien und Forschungsprojekte sein können, um gesundheitspolitische Entscheidungen zu unterstützen und die Bevölkerung zu informieren. In einer Pandemie gibt es immer viele Unsicherheiten und Ängste. Es ist wichtig, diese Unsicherheiten transparent zu kommunizieren und möglichst rasch eine gute Basis zu schaffen, um die wichtigen Fragen wissenschaftlich zu klären. Auch wenn wir natürlich hoffen, dass so etwas nicht so bald wieder vorkommt, wird die gewonnene Expertise sehr wertvoll für zukünftige Krisen im Bereich der Public und Global Health sein.

 

 

Vielen Dank für dieses Interview und für Deine Arbeit hier am EBPI!

 

 

Interview: Sofia Ricar

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