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Die Arktis: Eine Reise zum Dach der Welt

Wenn Menschen an Reisemedizin denken, kommen ihnen oft Mücken, Infektionskrankheiten und tropische Abenteuer in den Sinn. Tatsächlich aber beschäftigt sich die Reisemedizin mit allen Regionen der Welt. Ganz egal, ob Sie nach Norden oder Süden, Osten oder Westen aufbrechen: Unterwegs treffen Sie immer auf besondere gesundheitliche Herausforderungen.

Die Arktis: Eine Reise zum Dach der Welt

Wenn Menschen an Reisemedizin denken, kommen ihnen oft Mücken, Infektionskrankheiten und tropische Abenteuer in den Sinn. Tatsächlich aber beschäftigt sich die Reisemedizin mit allen Regionen der Welt. Ganz egal, ob Sie nach Norden oder Süden, Osten oder Westen aufbrechen: Unterwegs treffen Sie immer auf besondere gesundheitliche Herausforderungen.

Während es die meisten unserer Kund:innen in wärmere Länder wie Thailand, Vietnam oder Namibia zieht, beraten wir auch diejenigen, die das Abenteuer am Dach unserer wunderschönen Erde suchen: in der Arktis.

 

Die Arktis ist eine Welt der Extreme. Licht, Klima und Landschaft sind hier so besonders, dass sie diese Region zu einem herausfordernden, aber ebenso faszinierenden Reiseziel machen. In diesem Blogpost begeben wir uns gemeinsam auf eine Reise an die Spitze unserer Erde. Dorthin, wo man förmlich spüren kann, wie sich der Planet unter den eigenen Füssen dreht. Wir berichten Ihnen, was die Arktis ausmacht, worauf Sie gesundheitlich achten sollten und wie Sie sich gut auf eine Arktisreise vorbereiten können.

 

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Wo liegt die Arktis?

Die Arktis ist die Polarregion rund um den Nordpol. Im Gegensatz zur Antarktis liegt sie nicht auf einem Kontinent, sondern auf dem Arktischen Ozean, der von den nördlichsten Gebieten Norwegens, Schwedens, Finnlands, Russlands, der USA (Alaska), Kanadas, Dänemarks (Grönland) und Islands umgeben wird.

 

Gewusst? 

Die Färöer Inseln liegen zwar geografisch etwas südlich des Polarkreises, gehören aber dennoch – wie die genannten Staaten – zum Arktischen Rat (Arctic Council), dem wichtigsten Gremium für die zwischenstaatliche Zusammenarbeit in der Arktis. 

Die traditionelle Grenze der Arktis ist der Polarkreis (ca. 66°34’ N).  Jeder Ort nördlich dieses Kreises erlebt jedes Jahr mindestens einen vollständigen Polartag (24 Stunden Sonnenlicht im Sommer) und eine vollständige Polarnacht (24 Stunden Dunkelheit im Winter). Am Nordpol selbst bleibt die Sonne im Sommer rund sechs Monate lang ununterbrochen über dem Horizont und im Winter ebenso lange darunter.

 

Durch seine Lage auf Meereshöhe und das darunterliegende Wasser ist der Nordpol insgesamt wärmer als der Südpol. Das arktische Meereis wirkt zudem wie eine isolierende Decke und mildert Extreme: Im Sommer liegen die Durchschnittstemperaturen am Nordpol bei etwa 0 °C, während sie am Südpol bei etwa -25 °C bis -30 °C liegen.

 

Da sich die Arktis über mehrere Länder erstreckt, finden Reisen dorthin in der Regel innerhalb gut regulierter nationaler Rechtsordnungen statt. Besuchende müssen die Gesetze und Vorschriften des jeweiligen Landes befolgen, in dessen arktischem Gebiet sie unterwegs sind. Für besonders abgelegene Gebiete oder Schutzreservate können Sondergenehmigungen nötig sein (z. B. bestimmte Nationalparks in Spitzbergen oder Nunavut). Insgesamt ist die Arktis keine unregierte Wildnis, sondern eine Region mit dauerhaften Siedlungen und Infrastruktur.

 

Für Reisende bedeutet das: Arktis heisst nicht nur „Eiswüste“, sondern kann auch Lappland, Grönland, Nordkanada oder Spitzbergen bedeuten. Je nachdem, welche Art von Arktis-Erlebnis Sie suchen.

 

 

Polarklima: Mitternachtssonne, Polarnacht und Extreme

Ganz egal, wann Sie die Arktis besuchen, ihre Schönheit wirkt immer ein wenig überirdisch. Das arktische Klima ist geprägt von extremen Licht- und Temperaturschwankungen. Die Winter sind lang, dunkel und sehr kalt, während die Sommer zwar Tageslicht rund um die Uhr bieten, aber dennoch kühl bleiben.

 

Die durchschnittlichen Wintertemperaturen können bis auf -40 °C fallen; die kälteste je gemessene lag sogar bei etwa -68 °C in Sibirien. Im Sommer liegen die Temperaturen am Nordpol nahe dem Gefrierpunkt, während sie in Regionen näher am Polarkreis 10 - 19 °C erreichen können.


Für die Packliste bedeutet das: Selbst im Sommer brauchen Sie warme, winddichte Kleidung. T-Shirt-Wetter gibt es höchstens mal an geschützten Orten näher am Polarkreis.

 

Die ungewöhnlichen Lichtzyklen können das Zeitgefühl durcheinanderbringen. Vielen Reisenden macht das ständige Tageslicht das Einschlafen schwer. Schlafmasken oder Melatonin können helfen, den Schlafrhythmus anzupassen. In der Polarnacht wiederum helfen tageslichtsimulierende Lampen oder eine Portion Extra-Koffein, um der Dunkelheit standzuhalten.


 

Gewusst?

Die Finnen sind Weltmeister im Kaffeekonsum. Zufall bei den langen, dunklen Wintern? Sagen wir es so: Die Korrelation ist … verdächtig.

 

 

 

Indigene Völker und Kulturen der Arktis

Die Arktis ist seit Jahrhunderten Heimat stolzer indigener Gemeinschaften. Heute leben rund vier Millionen Menschen in der Arktis; etwa jede zehnte Person gehört zu einem indigenen Volk. Dazu zählen etwa die Sámi im Norden Skandinaviens, Finnlands und Russlands, die Nenzen, Ewenken oder Tschuktschen in Russland, die Aleuten, Yup'ik und Iñupiat in Alaska, Inuit-Gemeinschaften in Kanada und die Kalaallit in Grönland.

 

Jedes dieser Völker besitzt eigene Sprachen, Traditionen und Geschichten, aber alle teilen die Erfahrung, in einem extremen Klima mit knappen Ressourcen zu leben. Viele Gemeinschaften haben ihre traditionellen Lebensweisen (Jagd, Fischfang, Rentierzucht) bis heute bewahrt, auch wenn Modernisierung und Globalisierung längst Einzug gehalten haben.

 

Klimawandel, Umweltveränderungen und politische Einschränkungen stellen jedoch grosse Herausforderungen dar. Es gibt zwar Bemühungen, den indigenen Völkern wieder mehr Autonomie zu verschaffen, doch die Veränderungen der Umwelt treffen sie besonders hart.


Sami Herder with Reindeer in Arctic Norway Winter-1
1 Sami-Hirte mit Rentieren im winterlichen Nordnorwegen // Shojol Islam
Man with Reindeer Sleigh in Snowy Yamal, Siberia, Russia
2 Man with Reindeer Sleigh in Snowy Yamal, Siberia, Russia // ganimatque
Jokkmokk kommune, Sweden-1
4 Gemeinde Jokkmokk, Schweden // Nikola Johnny Mirkovic
Nenets, northern Siberia-1
4 Nenzen in Nordsibirien // Hans-Jurgen Mager
A Group of Children Wearing Parkas Beside a Tupik, russia-1
5 Gruppe von Kindern in Parkas neben einem Tupik, Russland // Sergei Shilenko
Siberian Girl Wearing Traditional Clothes, russia-1
6 Sibirisches Mädchen in traditioneller Kleidung, Russland // ganimatque
 

 

Allen Reisenden wird ans Herz gelegt, sich über die lokalen Kulturen zu informieren und diese zu respektieren. Wenn Sie arktische Gemeinden besuchen oder an geführten Touren teilnehmen, versuchen Sie, lokale Unternehmen in indigenem Besitz zu unterstützen und befolgen Sie die lokalen Richtlinien. Die menschliche Seite der Arktis – geprägt von Widerstandsfähigkeit, Kreativität und einem starken Zusammenhalt – ist ebenso faszinierend wie die Eisbären und Nordlichter. Der respektvolle Umgang mit den lokalen Kulturen kann Ihr Reiseerlebnis in der Arktis auf jeden Fall bereichern.

 

 

Sicher und gesund in arktischen Bedingungen

Auch wenn die Arktis landschaftlich wie aus einer anderen Welt wirkt, stellt sie Ihren Körper vor ganz irdische Herausforderungen, und dafür braucht er guten Schutz. Die Kälte, Abgelegenheit und besonderen Risiken verlangen sorgfältige Vorbereitung.

 

Schutz vor Kälte und Unterkühlung

Die grösste Gefahr in der Arktis ist natürlich die extreme Kälte. Selbst in milderen Jahreszeiten können plötzliche Wetteränderungen zu einer gefährlichen Abkühlung des Körpers führen. Unterkühlung (Körpertemperatur sinkt unter 35 °C) kann schnell eintreten, wenn Sie nicht ausreichend geschützt sind. Um warm zu bleiben und Unterkühlung oder Erfrierungen zu vermeiden, ist die richtige Kleidung entscheidend:

 

Kleiden Sie sich im Schichtenprinzip

Tragen Sie mehrere Schichten übereinander:

 

  • Basisschicht: direkt auf der Haut, feuchtigkeitsableitend (feuchte Haut kühlt Sie schnell ab.)
  • Isolationsschicht: z. B. Fleece oder Wolle, die warme Luft einschliesst. Bei sehr kalten Temperaturen können Sie mehrere Mittelschichten tragen.
  • Aussenschicht: eine wind- und wasserdichte Jacke (und Hose), um Wind, Schnee und Feuchtigkeit abzuhalten.

Wichtig ist, dass die Kleidung zwar warmhält, aber nicht zu eng sitzt, da zu enge Kleidung die Durchblutung behindern und Sie frieren lässt. Der Körper verliert ausserdem besonders schnell Wärme, wenn die Kleidung oder Haut feucht ist, sei es durch Schnee, Regen oder Schweiss. Ziehen Sie daher eine Schicht aus, sobald sie ins Schwitzen kommen.

 

Ignorieren Sie Zittern nicht

Zittern ist ein frühes Warnzeichen für den Verlust von Körperwärme. Es ist der automatische Versuch Ihres Körpers, durch Muskelaktivität Wärme zu erzeugen. Wenn Sie anfangen, ständig zu zittern oder Ihre Extremitäten taub werden, suchen Sie sofort Schutz vor der Kälte. Frühe Unterkühlung kann durch Aufwärmen rückgängig gemacht werden.

 

So wärmen Sie sich schonend auf:

  • In eine warme, zugluftfreie Umgebung gehen
  • Nasse oder kalte Kleidung ausziehen
  • Sich vom Boden isolieren (z. B. Isomatte, Jacke oder Rucksack unterlegen)
  • Zudecken, z. B. mit Wolldecken oder Rettungsdecke (möglichst Ganzkörperisolation)
  • Kopf bedecken (Mütze/Kapuze – über den Kopf geht viel Wärme verloren)
  • Warme, zuckerhaltige Getränke zu sich nehmen
  • Nur leichte, aktive Bewegung

 

Das sollten Sie vermeiden:

  • Nicht reiben oder kräftig massieren: kann Gewebe zusätzlich schädigen
  • Keine direkte starke Hitze (heisse Bäder, Heizkörper, Feuer): Verbrennungsgefahr bei tauber Haut
  • Kein Alkohol: erweitert die Blutgefässe und beschleunigt die Auskühlung
  • Kein zu schnelles, aggressives Aufwärmen: kann Herz und Kreislauf belasten, wenn sehr kaltes Blut aus den Extremitäten zurück in den Körperkern strömt

 

Snacks, Alkohol und Nikotin

Alkohol und arktische Kälte passen leider nicht zusammen (wir wissen, schade). Alkohol erweitert die Blutgefässe, man fühlt sich kurz warm, verliert aber gleichzeitig schneller Wärme – ein trügerischer Effekt. Zudem schränkt Alkohol das Urteilsvermögen ein, etwas, das man in der Arktis lieber vermeidet.

Rauchen wirkt genau andersherum: Es verengt die Gefässe, besonders in den Händen, und erhöht so das Risiko für lokale Erfrierungen.

 

Kurz gesagt: In der Kälte sind Alkohol und Zigaretten eine eher schlechte Idee.

Besser ist: regelmässig essen. Kälte kostet Energie, und kleine Snacks wie Nüsse, Trockenfrüchte oder Schokolade halten den Körper «am Laufen». Und trinken nicht vergessen (Wasser, natürlich).

 

Erfrierungen vorbeugen

Erfrierungen treten vor allem an Körperstellen auf, die schlecht geschützt oder weit vom Körperkern entfernt sind, also an Ohren, Nase, Wangen, Kinn sowie an Fingern und Zehen. Frühe Anzeichen zeigen sich oft durch Kribbeln, Stechen, Schmerzen oder ein Taubheitsgefühl; die Haut wirkt dabei blass und leicht «wachsig».

Bei solchen Warnsignalen sollten Sie sofort einen wärmeren, geschützten Bereich aufsuchen, nasse Kleidung entfernen und die betroffenen Stellen langsam mit körperwarmem – nicht heissem – Wasser erwärmen. Reiben Sie die Haut nicht und halten Sie sie nicht direkt an eine heisse Heizung.

Bei schweren Erfrierungen können Blasen oder geschwärztes Gewebe auftreten. In solchen Fällen ist eine sofortige ärztliche Behandlung notwendig.

 

Wenn Sie unsicher sind, ob es sich „nur“ um Kälte oder bereits um eine Erfrierung oder Unterkühlung handelt: brechen Sie die Aktivität lieber ab und wärmen Sie sich auf. Im Zweifel ist Vorsicht besser als Durchhalten.


 

Gewusst?

 Der Name Arktis stammt vom griechischen arktikós – „nahe beim Bären, nördlich“ – ab, das wiederum auf árktos („Bär“) zurückgeht. Gemeint sind die Sternbilder Grosser Bär (Ursa Major) und Kleiner Bär (Ursa Minor) am nördlichen Himmel.

Jenseits der Kälte: Gefahren durch Sonnenlicht und UV-Strahlung

Auch im kalten Klima der Arktis kann Sonneneinstrahlung zum Problem werden. Schnee und Eis haben eine sehr hohe Albedo, das heisst, sie reflektieren einen grossen Teil der UV-Strahlung. Dadurch verdoppelt sich die UV-Belastung oft: Sonnenlicht von oben plus reflektierte Strahlung von unten.

Reisende im Frühjahr oder Sommer können deshalb leicht einen Sonnenbrand bekommen. Auch die sogenannte „Schneeblindheit“ (Keratoconjunctivitis photoelectrica) ist möglich: ein Sonnenbrand der Hornhaut, ausgelöst durch die starke UV-Reflexion. Sie führt zu roten, schmerzenden, tränenden Augen und verschwommenem Sehen, das Stunden anhalten kann.

 

Guter Sonnenschutz für Haut und Augen ist daher auch in der Arktis unverzichtbar.


Unfälle auf der Strasse

Auf Reisen gehören Unfälle zu den häufigsten Todesursachen unter Tourist:innen, und auch die Arktis bildet da leider keine Ausnahme. Besonders Schneemobil-Unfälle kommen in arktischen Regionen relativ häufig vor. Typische Ursachen sind überhöhte Geschwindigkeit, mangelnde Erfahrung, schlechte Sicht, Alkoholkonsum oder unerwartet tückisches Eis und Gelände.

Tragen Sie deshalb immer passende Schutzausrüstung wie Helm, Schutzbrille und Handschuhe, und passen Sie Ihr Tempo an Sicht, Schneeverhältnisse und Ihr eigenes Können an. Weniger Tempo heisst nicht weniger Spass!

Und wie beim Autofahren gilt auch hier: Kein Alkohol am Steuer.

 

Wildtiere wie Elche oder Rentiere können Ihnen in der Arktis überraschend häufig auf der Strasse begegnen. Elche sind riesig, schwer (Männchen bis 700 kg) und halten sich erfahrungsgemäss eher weniger an Verkehrsregeln. Auch Rentiere (bzw. ihre nordamerikanischen Verwandten, die Karibus) tauchen gern unerwartet auf. Bleiben Sie also aufmerksam!


 

Nusfjord, Nordland, Norge

Nusfjord, Nordland, Norwegen // Foto von stein egil liland

 

Moskitos in der Arktis?

Ja, selbst im hohen Norden ist man nicht vor ihnen gefeit, besonders in den Tundra- und Taiga-Regionen der Arktis. Ein wirksames Insektenschutzmittel gehört deshalb unbedingt ins Gepäck. Nicht, weil Sie sich um Tropenkrankheiten sorgen müssen, sondern um den nervigen Stichen vorzubeugen.

(Stellen Sie sich einfach einen juckenden Knöchel unter drei Schichten Kleidung und festen Schneeschuhen vor – Komfort sieht anders aus.)

 

Gewusst?

Im Oktober 2025 ist das erste Mal eine Stechmücke in Island aufgetaucht. Vorher galt das Land als mückenfrei.

 

Wildtierbegegnungen

Ein grosser Reiz einer Arktisreise liegt darin, Wildtiere wie Eisbären, Polarfüchse, Walrosse, Robben, Karibus und Rentiere in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten. Dabei ist es aber entscheidend, sicher und respektvoll vorzugehen. Eisbären verdienen besondere Aufmerksamkeit: Sie sind Raubtiere und äusserst gefährlich, wenn man ihnen unvorbereitet begegnet.

 

In Regionen mit Eisbären (etwa Nordkanada, Grönland oder Spitzbergen) sollten Sie nur mit erfahrenen Guides unterwegs sein. Alleine loszuziehen oder «nur kurz» vom markierten Weg abzuweichen, ist keine gute Idee. Essensreste sollten sicher verstaut werden, denn Eisbären haben einen ausgezeichneten Geruchssinn und werden immer häufiger in menschlichen Siedlungen gesichtet, da der Verlust des Meereises sie aufs Land zwingt.


 

 

 

 

Impfungen und Vorbereitungen

Halten Sie Ihre Standardimpfungen auf dem aktuellen Stand, wie Sie es für jede Reise tun sollten. Auch Influenza oder Covid-19 kann in einer abgelegenen, kalten Umgebung deutlich schwerer zu behandeln sein als zuhause.

 

Besonders wichtig ist ein aktueller Tetanusschutz. Tetanus-Erreger (Clostridium tetani) kommen weltweit in Erde und Tierkot vor – auch in der Arktis – und dringen über verschmutzte Wunden in den Körper ein. Im Ernstfall sollte eine Tetanus-Impfung möglichst früh (idealerweise innerhalb von 24 Stunden) nach einer Verletzung verabreicht werden, was in abgelegenen Regionen schwierig sein kann. Klären Sie deshalb vor der Reise mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, ob Ihr Tetanusschutz vollständig ist, und lassen Sie ihn bei Bedarf rechtzeitig auffrischen.

 

Gute Vorbereitung ist in der Arktis entscheidend: Distanzen sind gross, Strassen rar und das Wetter unberechenbar. Das nächste Krankenhaus kann weit entfernt sein, und Stürme können Reisen verzögern oder sogar verhindern. Wenn Sie regelmässig Medikamente einnehmen, führen Sie ausreichend Vorrat mit, idealerweise für ein paar Tage länger als geplant, falls sich Ihre Rückreise verzögert.

 

Eine kleine Erste-Hilfe-Apotheke gehört in jedes Arktis-Gepäck. Prüfen Sie zudem, ob Ihre Reiseversicherung medizinische Evakuationen aus abgelegenen Gebieten abdeckt. Im Ernstfall kann genau das entscheidend sein.

 

Tollwut in der Arktis?

In einigen arktischen Regionen zirkuliert eine spezielle Form des Tollwutvirus, bei der der Polarfuchs als Hauptüberträger gilt. Betroffen sind unter anderem Teile von Alaska, Kanada, Grönland und Russland. Für Norwegen, Schweden und Finnland sind aus dem nördlichen Festland keine Fälle bekannt, auf Svalbard (Spitzbergen) hingegen kommt Tollwut vor. Die norwegischen Behörden empfehlen dort eine Tollwutimpfung für Personen, die engen Kontakt zu Wildtieren haben. Wenn Sie planen, viel draussen unterwegs zu sein, mit Hunden oder anderen Tieren in Kontakt zu kommen oder sehr abgelegene Gegenden zu bereisen, lohnt sich eine individuelle reisemedizinische Konsultation zum Thema Tollwut.


 

Checkliste: Medizinische Vorbereitung für die Arktis

 

“What happens in the Arctic does not stay in the Arctic”

Die Arktis ist so etwas wie der Thermostat unseres Planeten. Wenn hier etwas aus dem Gleichgewicht gerät, spürt die ganze Welt die Folgen. Helles Meereis wirkt wie ein Spiegel und reflektiert einen grossen Teil des Sonnenlichts zurück ins All. Dunkles Meerwasser hingegen nimmt Wärme auf.

Schmilzt das Eis, gibt es mehr offenes, dunkles Wasser, das zusätzliche Wärme speichert. Im Herbst und Winter bildet sich das Eis später, im Frühling schmilzt es früher. Dieser Kreislauf heizt die Erwärmung weiter an und trägt dazu bei, dass extreme Wetterereignisse und die durchschnittlichen Temperaturen weltweit zunehmen. Fachleute sprechen hier von einer Rückkopplung, vereinfacht gesagt: weniger Eis bedeutet mehr Wärme, was wiederum zu noch weniger Eis führt.

 

Auch die weltweite Ozeanzirkulation, oft als «globales Förderband» beschrieben, hängt mit der Arktis zusammen. Wenn sich Meerwasser abkühlt und durch Salzgehalt schwerer wird, sinkt es in die Tiefe und treibt so grosse Meeresströmungen an, die Wärme auf dem Globus verteilen. Schmelzwasser aus Gletschern und weniger Meereis verändern Salzgehalt und Dichte. Das kann diese Strömungen abschwächen und langfristig das Wetter in Europa, Afrika und anderen Regionen beeinflussen.

Das Auftauen von Permafrost setzt zusätzlich Treibhausgase frei. Gleichzeitig leiden Tiere wie Eisbären darunter, dass sie weniger Jagdzeit auf dem Eis haben, und indigene Gemeinschaften, deren Lebensweise stark vom Eis abhängt, müssen sich an immer schnellere Veränderungen anpassen.

 

Wenn Sie in die Arktis reisen, sehen Sie viele dieser Entwicklungen mit eigenen Augen: zurückweichende Gletscher, veränderte Eisflächen, Tiere, die näher an Siedlungen kommen. Als Reisende können Sie Respekt zeigen, indem Sie Ihren ökologischen Fussabdruck möglichst klein halten, lokale Anbieter unterstützen und sich bewusst machen, dass das, was im hohen Norden passiert, uns alle betrifft.

 

Und: Wer die Arktis besucht, gewinnt nicht nur eindrückliche Bilder, sondern auch ein besseres Verständnis dafür, warum Klimaschutz kein fernes Thema ist, sondern ganz konkret mit unserem Reisen und unserem Alltag zu tun hat.


 

Polar Bear on Arctic Shoreline with Rusted Barrels, Russia-1

Eisbär an der arktischen Küste mit verrosteten Fässern, Russland // Foto von Dmitry Ryndin

 

Ein Blick über den Horizont

Eine Reise in die Arktis ist mehr als ein Abenteuer in Schnee und Stille. Sie führt in eine Welt, die zugleich zerbrechlich und kraftvoll ist, geprägt von extremem Licht, rauem Klima, beeindruckenden Landschaften und der Widerstandsfähigkeit der Menschen, die dort leben. Wer hier unterwegs ist, merkt schnell, wie eng Gesundheit, Umwelt und Klima miteinander verbunden sind.

 

Gleichzeitig verändert eine Arktisreise auch den Blick auf den eigenen Alltag. Plötzlich werden abstrakte Begriffe wie Klimawandel, Permafrost oder Meereis sehr konkret. Man sieht, wie sich Lebensräume verschieben, wie sich Tierverhalten verändert und wie indigene Gemeinschaften sich an neue Bedingungen anpassen müssen.


Als Reisende tragen Sie Verantwortung. Dazu gehört, sich gut vorzubereiten, die eigene Gesundheit und die von anderen zu schützen, lokale Regeln zu respektieren und den eigenen ökologischen Fussabdruck so klein wie möglich zu halten. Wer die Arktis besucht, kehrt oft mit mehr zurück als mit schönen Fotos. Nämlich mit einem tieferen Verständnis dafür, dass das, was im hohen Norden passiert, uns alle betrifft.


 

 

 

Referenzen

Arctic Portal. Tourism in the Arctic. Abgerufen am 27. November 2025, https://arcticportal.org/shipping-portlet/tourism

 

Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Travel to cold climates. Abgerufen am 27. November 2025, https://wwwnc.cdc.gov/travel/page/travel-to-cold-climates

 

Discover the World. Best time to visit the Arctic. Abgerufen am 2. Dezember 2025, https://www.discover-the-world.com/destinations/arctic-holidays/best-time-to-visit-the-arctic/

 

National Geographic Society. Arctic. Abgerufen am 19. November 2025, https://education.nationalgeographic.org/resource/arctic/

 

National Snow and Ice Data Center (NSIDC). Arctic weather and climate. Abgerufen am 20. November 2025, https://nsidc.org/learn/parts-cryosphere/arctic-weather-and-climate

 

National Snow and Ice Data Center (NSIDC). Why sea ice matters. Abgerufen am 20. November 2025, https://nsidc.org/learn/parts-cryosphere/sea-ice/why-sea-ice-matters

 

NOAA National Ocean Service. How does sea ice affect global climate? Abgerufen am 2. Dezember 2025, https://oceanservice.noaa.gov/facts/sea-ice-climate.html

 

NOAA Pacific Marine Environmental Laboratory (PMEL). Arctic Zone – Frequently Asked Questions. Abgerufen am 27 November 2025, https://www.pmel.noaa.gov/arctic-zone/faq.html

 

Oceanwide Expeditions. The ultimate traveler’s guide to the Arctic and Antarctica. Abgerufen am 20. November 2025, https://oceanwide-expeditions.com/blog/the-ultimate-travelers-guide-to-the-arctic-and-antarctica

 

Responsible Travel. Antarctica & the Arctic travel advice. Abgerufen am 20. November 2025, https://www.responsiblevacation.com/vacations/antarctica-arctic/travel-guide/antarctica-the-arctic-travel-advice

 

Schweizerische Rettungsflugwacht Rega. So schützen Sie sich vor einer Unterkühlung. Abgerufen am 27. November 2025, https://www.rega.ch/aktuell/neues-aus-der-rega-welt/detailseite/so-schuetzen-sie-sich-vor-einer-unterkuehlung

 

Sysselmesteren på Svalbard. Rabies. Abgerufen am 26. November 2025, from https://www.sysselmesteren.no/en/rabies/

 

Wikipedia. Arctic rabies virus. Abgerufen am 27. November 2025 https://en.wikipedia.org/wiki/Arctic_rabies_virus

 

WWF Arctic. Arctic communities. Abgerufen am 2. Dezember 2025, https://www.arcticwwf.org/our-priorities/arctic-communities/

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